Sport
Der SC Cham
setzt gegen
Bavois auf
Heimstärke
Stefan Zumbrunn-Würsch führt neue Ideen in den Bildungskanton Zug ein. Foto: zvg
Stefan Zumbrunn-Würsch ist der Schulleiter der neuen Kantonsschule Rotkreuz. Im Gespräch erklärt er, wie hier eine neue Schulform entwickelt wird und wie KI eine Rolle im Schulalltag spielen kann. Am Kanton Zug schätzt er die Bereitschaft, neue Bildungsideen umzusetzen.
Es ist kurz vor 10 Uhr. Stören wir Sie gerade in der grossen Pause?
Nein, aber es wird wahrscheinlich bald läuten. An die neuen Unterrichtszeiten muss ich mich noch ein bisschen gewöhnen.
Sie haben zuvor lange in Solothurn als Schulleiter gearbeitet. Waren da die Unterrichtszeiten anders als in Rotkreuz?
Ja, und eine Neuerung, die wir eingeführt haben, war die Verlegung des Unterrichtsbeginn auf 8.20 Uhr. Die sogenannte «Nullstunde», die bereits um 7.30 Uhr startet, steht bei den Schülerinnen und Schüler nur noch selten im Wochenplan.
Warum?
Das ist vor allem biologisch begründet. In der Pubertät verschiebt sich der Schlaf-Wach-Rhythmus – Jugendliche werden abends später müde und morgens später wach. Ein späterer Schulbeginn führt deshalb zu mehr Schlaf und besserer Konzentration.
Sie sind seit dem 1. August 2024 als Rektor der neuen Kantonsschule Rotkreuz tätig. Das neue Schuljahr hat vor ein paar Monaten begonnen. Was sind Ihre grössten Herausforderungen?
Nun, mein Team und ich stehen vor drei zentralen Neuerungen. Da ist natürlich die Gründung einer neuen Kantonsschule. Das passiert in der Schweiz nur noch selten. Dazu kommt dass wir die besondere Chance haben, als erste Schule das neue Maturitätsreglement umzusetzen – während parallel noch Klassen nach dem bisherigen Reglement unterrichtet werden. Das ist herausfordernd, aber auch spannend, weil wir so direkt vergleichen und Erfahrungen sammeln können.
Und was ist die dritte Challenge?
Die «Suurstoffi 6» in Rotkreuz ist der provisorische Standort bis 2031. Hier können wir wertvolle Erfahrungen sammeln – im Unterricht, in der Organisation, in der Raumgestaltung –, die später direkt in den Neubau auf der anderen Seite der Geleise einfliessen werden.
Sie haben auch die Idee des Phasenunterrichts nach Zug gebracht. Der herkömmliche Wochenstundenplan wird durch einen Jahresplan abgelöst. Das Schuljahr wird in sechs Phasen zu sechs Wochen unterteilt. Welchen Vorteil haben die Schülerinnen und Schüler davon?
Ich starte die Begründung gerne mit einer Gegenfrage: Mögen Sie es, an 14 Projekten parallel zu arbeiten?
Nein.
Aber von unseren Kindern wird das erwartet. Sie studieren im Gymnasium gleichzeitig 14 Fächer. 45 Minuten Mathematik, 45 Minuten Biologie und dann noch eine Lektion Deutsch.
So unterrichtet man halt.
So unterrichtet man, ja. Aber wie nachhaltig ist das? Eine Lektion von 45 Minuten kann jeder irgendwie «überbrücken». Wer aber 90 Minuten oder einen Vormittag lang an einem Fach arbeitet, muss sich zwangsläufig mit der Materie auseinandersetzen. Er wird Bestandteil des Unterrichtsstoffes. Das betrifft auch die Lehrpersonen, die eine andere Unterrichtsform wählen müssen. Beim Phasenunterricht geht es darum, dass die Fächeranzahl jeweils halbiert, dafür die Stundenzahl verdoppelt wird.
In der konsequenten Umsetzung haben Sie damit eine Pionierrolle inne. Sind die Schülerinnen und Schüler in Rotkreuz Versuchskaninchen?
Natürlich nicht. Pioniere sind wir nur in der konsequenten Ausführung. Und wir stützen uns auf Erkenntnisse von wissenschaftlichen Begleitungen der Uni Zürich, mit der wir auch an der KSR zusammenarbeiten werden. Die Resultate sind sehr positiv, die Kantischülerinnen und – schüler profitieren enorm vom Phasenunterricht.
Mussten Sie bei Ihren Lehrpersonen Überzeugungsarbeit leisten?
Da wir eine neue Schule sind, konnten Lehrerinnen und Lehrer gewinnen, die hinter dem Konzept stehen und es mit Überzeugung umsetzen.
Wie fällt das Echo aus?
In den nächsten Wochen kommt es zu den traditionellen Elternabenden, wo wir das Konzept nochmals vorstellen werden. Bei den Schülerinnen und Schüler kommt der Phasenunterricht sehr gut an.
Sie sind 59 Jahre alt und haben viele Jahre als Mathematik- und Physiklehrer gearbeitet und später mit Solothurn die grösste Mittelschule der Schweiz geleitet. Haben Sie eine Veränderung bei den Jugendlichen im Laufe der Jahre festgestellt?
Jugendliche wachsen heute in einer Welt auf, die schneller, vernetzter und anspruchsvoller geworden ist. Sie gehen aus meiner Sicht sehr reif und verantwortungsvoll mit diesen Veränderungen um. Nehmen Sie das Beispiel der künstlichen Intelligenz: Mit KI erleben sie, dass die Lehrperson nicht mehr wie früher das Wissensmonopol verkörpert – Wissen ist zugänglich und geteilt, und sie lernen, damit verantwortungsvoll umzugehen.
Zug ist ja bekannt für seine «k.u.k.-Monarchie»: Krypto und Künstliche Intelligenz. Wie handhaben Sie den Umgang mit KI?
Medien- und digitale Kompetenzen zu fördern, gehört in den Schulalltag. Die Schülerinnen und Schüler sollen KI nutzen und gleichzeitig kritisch hinterfragen: Woher stammt ein Text, welche Haltung steckt dahinter? Verbote auszusprechen ist einfach, aber niemand kann heute ernsthaft daran denken, KI zu verbieten. Entscheidend ist ein verantwortungsvoller Umgang – das gilt übrigens auch für Handys. Beides bietet die Chance, Selbstverantwortung zu fördern. KI kann viel, aber sie ersetzt weder das eigene Denken noch die Mündlichkeit. Zur Maturität gehört, einen Gedanken oder eine Arbeit überzeugend präsentieren und verteidigen zu können.
Sie haben vorhin die Handys angesprochen. Wie ist das bei Ihnen?
In der ersten bis dritten Klasse müssen die Handys «unsichtbar» sein.
Was bedeutet das?
Sie verschwinden zum Beispiel im Rucksack.
Und das klappt?
Grundsätzlich, ja. Einsicht und Eigenverantwortung sind die Schlüsselbegriffe hier. Und wenn es einmal nicht gelingt, helfen das Gespräch und klare Regeln, um wieder auf Kurs zu kommen. Ziel ist es, die Jugendlichen im Umgang mit digitalen Geräten zu unterstützen. Verbote allein bringen wenig. Wir bieten Alternativen und fördern Schritt für Schritt einen bewussten, reflektierten Gebrauch. Ab der vierten Klasse gelten deshalb andere Regeln: Die Schülerinnen und Schüler sollen den souveränen Umgang mit digitalen Geräten beherrschen – das gehört zur Maturität.
Ihren Solothurner Dialekt hört man schon von Weitem. Wenn Sie Solothurn und Zug vergleichen, was fällt Ihnen dazu ein?
Zuerst einmal zum Gemeinsamen: In beiden Kantonen schätze ich die kurzen Wege. Man kennt sich und findet einen direkten Draht zu den Entscheidungsträgerinnen. Das besondere an Zug ist sicher sein Optimismus und seine Bereitschaft, Neues anzuwenden. Hier spürt man den Willen, gute Ideen auch wirklich umzusetzen – gerade beim Phasenunterricht zeigt sich diese Haltung eindrücklich
2031 sollte der Neubau der Kantonsschule Rotkreuz stehen. Dann sind Sie 65…
… und werde mich freuen, eine gut etablierte, innovative Schule in jüngere Hände zu übergeben.
Beni Frenkel
Lade Fotos..