Zytturm Triathlon
Am Wochenende ist Zug wieder Mekka des Sports
Seit 2018 gehört Seraina Toms zum Schweizer Nationalteam im Sport Stacking. Bei der Heim-WM in Reiden holte die Baarerin erneut den Weltmeistertitel in der Disziplin 3-6-3 – und erlebte ganz besondere Momente abseits des Podests. Ein Gespräch über Leidenschaft, Freundschaft, Organisationstalent und die Kraft kleiner Becher.
Wie sind Sie zum Sport Stacking gekommen – und was hat Sie von Anfang an daran begeistert?
Im Herbst 2012 habe ich ein Video auf YouTube gesehen. Ich fand es sehr toll und wollte es selbst ausprobieren. Also holte ich Plastikbecher aus dem Küchenschrank, stach ein paar Löcher oben hinein und versuchte, sie zu stappeln. Es lief nicht besonders gut, aber es reichte bis Weihnachten. An Weihnachten bekam ich mein erstes richtiges Set. Vier Jahre lang habe ich zu Hause für mich trainiert, mal mehr, mal weniger, einfach als Hobby nebenbei. Es war etwas Spezielles, und ich hatte Freude daran. In dieser Zeit hatte ich viele kleine Hobbys, wie zum Beispiel den Rubik's Cube, Diabolo oder Jonglieren.Im Jahr 2016 nahm ich dann zum ersten Mal an einer Schweizer Meisterschaft teil. Im Cycle wurde ich unerwartet Dritte, und ich wusste, dass daraus etwas werden könnte. Als ich dann auf andere traf, die genauso viel Freude am Stacken hatten, war das ein riesiges Highlight und motivierte mich noch mehr. Seitdem bin ich regelmäßig bei Turnieren und Weltmeisterschaften dabei. Was mich von Anfang an begeistert hat, es ist ein schneller Sport, und man sieht die Fortschritte. Man merkt, wenn man schneller wird, und es ist immer ein Kampf gegen sich selbst und gegen die Stoppuhr, eine möglichst schnelle Zeit zu erreichen. Man muss nicht wie im Fussball oder Basketball gegen andere antreten, man kann einfach für sich selbst üben und versuchen, die Zeiten zu erreichen, die man sich vorgenommen hat.
Was motiviert Sie, regelmässig zu trainieren und immer wieder an Wettkämpfen teilzunehmen?
Turniertage sind immer erfolgreich – egal, welche Resultate erzielt werden. Man sieht Freunde wieder, die man seit Monaten oder sogar Jahren nicht mehr getroffen hat. Es ist eine richtige Community unter den Stackern. Man kennt die Leute. Auch wenn ich gegen sie antrete, sind viele davon gute Freunde von mir, und es freut mich jedes Mal, sie wiederzusehen. Natürlich ist es auch schön, wenn ich gute Zeiten stacke und es mir gelingt, aufs Podest zu kommen. In meiner Altersklasse gibt es viele, die etwa gleich schnell sind – deshalb ist es immer spannend zu sehen, wie die Resultate ausfallen. Um an Turnieren die Zeiten zu erreichen, die ich mir vornehme, gehört natürlich Training dazu. Es motiviert mich, immer schneller zu werden. Vor einem Turnier versuche ich, mehr zu trainieren, damit ich meine Leistung auch abrufen kann. Nach einem Turnier kommt es vor, dass ich eine kurze Trainingspause einlege. Auch wenn man mal eine Zeit lang nicht trainiert, verliert man erstaunlicherweise nicht viel an Geschwindigkeit. Man ist einfach nicht mehr ganz so konstant und sicher bei den schnellen Zeiten.
Wie lässt sich Ihr Training in den Alltag integrieren? Bleibt daneben auch Zeit für andere Interessen oder Hobbys?
Da Sport Stacking zu Hause trainiert werden kann, ist es sehr praktisch. Jeder und jede kann für sich so viel trainieren, wie man möchte. Die Team Disziplinen werden in gemeinsamen Trainings geübt. Vor einem wichtigen Wettkampf versuche ich, drei- bis viermal pro Woche zu trainieren. Ein Training zu Hause dauert für mich meistens zwischen 40 Minuten und 1,5 Stunden, je nachdem, wie ich Lust oder Zeit habe. Es gibt aber auch Wochen, in denen ich nur ein- bis zweimal trainiere oder sogar eine Trainingspause von zwei bis drei Wochen einlege. Da ich meine Zeit gut selbst einteilen kann, schaue ich jeweils, wie ich das Training am besten in meinen Alltag integrieren kann. Nebenbei bin ich gerne draussen aktiv, sei es beim Wandern, Campen, Velofahren oder Klettern. Wenn ich weiss, dass ein Wettkampf bevorsteht, setze ich meine Prioritäten anders, als wenn gerade keiner ansteht.
Sie sind jetzt zweimal Weltmeisterin geworden. Was sind Ihre nächsten Ziele?
Ein Ziel, das ich seit etwa drei Jahren verfolge, ist, wieder eine Cycle Zeit unter sechs Sekunden zu erreichen. Nebenbei möchte ich an Turnieren viel Freude haben und gute Zeiten stacken. Ausserdem organisiere ich dieses Jahr zum ersten Mal ein Turnier. Die Schweizer Meisterschaft wurde in den letzten 17 Jahren von Angela Herger und ihrem OK organisiert. Dieses Jahr werde ich, gemeinsam mit einem neuen OK, zum ersten Mal dieses Turnier durchführen. Am 9. November 2025 findet in Baar die Schweizer Meisterschaft statt, und ich möchte für die Schweizer Stacker ein tolles Turnier auf die Beine stellen.
Der erneute Weltmeistertitel im 3-6-3 ist ein grosser Erfolg. Was war dieses Mal besonders herausfordernd oder auch besonders schön im Vergleich zum Vorjahr?
Als ich letztes Jahr den Weltmeistertitel geholt habe, konnte ich es kaum glauben. Ich hatte etwas erreicht, das ich mir nie hätte vorstellen können und ich dachte nicht, dass es noch besser werden könnte. Doch dieses Jahr erneut in derselben Disziplin zu gewinnen, ist einfach unglaublich schön. Am Donnerstag vor der Weltmeisterschaft habe ich geholfen, die Halle vorzubereiten. Ich bekam die Aufgabe, die Medaillen schön auszustellen. Also legte ich mehrere Hundert Medaillen sorgfältig hin. Sie sahen so schön aus und ich wollte unbedingt eine mit nach Hause nehmen. Als mein Doppelpartner und ich am Samstag im Doppel den fünften Platz erreichten, bekamen wir bereits eine kleine Medaille. Aber eine Medaille für einen Podestplatz wäre natürlich noch schöner gewesen und ich wollte jetzt unbedingt so eine haben. In meiner Altersklasse sind viele ähnlich schnell, und es war ein echtes Kopf an Kopf Rennen um den Titel. Als ich es schliesslich geschafft habe, war ich überglücklich und ich durfte eine von diesen wunderschönen Medaillen in der Schweiz behalten. Letztes Jahr habe ich den Titel geholt, und dieses Jahr konnte ich ihn verteidigen. Das ist einer meiner grössten Erfolge und bedeutet mir sehr viel.
Welche Bedeutung hatte es für Sie, die Weltmeisterschaft im eigenen Land vor Familie, Freunden und Fans zu bestreiten?
So einen Anlass durchzuführen bedeutet viel Organisation, und ich möchte dem gesamten OK für diesen tollen Event danken, ihr habt das wirklich super gemacht! Im eigenen Land so einen Erfolg zu feiern, was für ein Erlebnis! An dieser Weltmeisterschaft konnten auch Kinder teilnehmen, die noch nie bei einer WM dabei waren. Es war sehr schön, all diesen Schweizer Kindern diese emotionale Erfahrung und die WM Atmosphäre näherzubringen. Dass sie das miterleben durften, bedeutet viel.Im eigenen Land einen solchen Erfolg zu erzielen, ist einfach wow! Als ich oben auf dem Podest stand, war ich sprachlos, ich konnte kaum glauben, dass ich es wirklich geschafft habe. Zwei Schweizer haben bei dieser WM einen Weltmeistertitel geholt Karl Fehrenbach und ich. Dass ich die Schweiz so vertreten durfte, macht mich besonders stolz.
Gab es einen speziellen Moment während des Wettkampfs, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Nach allen Finalrunden gibt es noch das sogenannte "Stack of Champions". Dabei treten die drei schnellsten Stacker pro Disziplin aus dem gesamten Turnier noch einmal gegeneinander an und können versuchen, ihre Zeit zu verbessern. Das ist immer ein spannender Moment, den Schnellsten zuzuschauen. Ich hatte die Ehre, dieses Finale zu schiedsrichtern. Zuvor hatte ich nicht gedacht, dass das so besonders sein würde, aber in dem Moment war es eine grosse Ehre, auf der Bühne vor allen als Schiedsrichter zu stehen, und das bei den schnellsten Stackern der Welt. Ein besonderer Moment fand neben dem Wettkampf statt, nämlich am Abschlussabend. Bei der Afterparty sangen wir Karaoke, einige waren sogar noch am Stacken. Zwischendurch schauten wir alte YouTube Videos von früheren Stackern an. Dann sagte jemand, dass wir jetzt Wonderwall abspielen sollen, als Zeichen dafür, dass das Motto #together (zusammen) im Mittelpunkt stehen soll. Wir hörten das Lied und sangen mit. Die Stimmung war so schön und emotional. In solchen Momenten weiss man nicht, wann man einige Freunde das nächste Mal wiedersehen wird, deshalb geniesst man jeden Augenblick, den man noch miteinander hat. Es ist eine Erinnerung, die für immer bleiben wird.
Was nehmen Sie aus dieser Heim-WM mit – sportlich, aber vielleicht auch menschlich?
All diese schönen Erinnerungen werde ich für immer behalten, als Stacker, als Coach, als Schiedsrichter, mit Freunden, mit der Familie und in der Community. Ich durfte auch Medaillen überreichen und den verschiedenen Weltmeistern gratulieren sowie ihnen die ehrenvolle Medaille umhängen. Auch das war eine einmalige Gelegenheit, die ich sehr schätze. Ein Weltmeistertitel und ein Vizeweltmeistertitel im eigenen Land, das ist ein riesiger Erfolg.
Wie reagieren Menschen, wenn Sie erzählen, dass Sie Weltmeisterin im Becherstapeln sind?
Viele sind überrascht und wussten gar nicht, dass es diesen Sport gibt, oder dass sogar Weltmeisterschaften dafür ausgetragen werden. Sie gratulieren mir und sagen oft, dass sie da nicht mithalten könnten. Einige Kinder haben mich sogar schon nach einem Autogramm gefragt, was ich zwar etwas lustig finde, aber ich gebe es ihnen natürlich immer freundlich.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft – sportlich, aber auch ganz privat?
In Zukunft möchte ich weiterhin so tolle Momente mit Freunden bei Wettkämpfen und Veranstaltungen erleben. Ich möchte Sport Stacking vielen Kindern näherbringen und die Sportart in der Schweiz positiv bekannt machen. In den letzten Jahren habe ich das Weitwandern für mich entdeckt und bin gerne mehrere Wochen oder sogar Monate unterwegs. Mein Ziel für dieses Jahr ist es, von zu Hause bis nach Monaco zu laufen, auf der Via Alpina.
Michael Schwegler
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