Zeitgeschichte
Vor 70 Jahren fuhr das Tram in den Zuger Gemeinden
Wissen das Leben zu meistern: die Podcasterinnen Jacqueline Egger (links im Bild) und Edith Sidler. Ihr Podcast erscheint immer am 15. des Monates.
Seit November 2024 betreiben Edith Sidler und Jacqueline Egger leidenschaftlich einen Podcast. Sie sprechen witzig, kritisch und lebensfroh über ihren Alltag. Das Besondere daran: Die beiden Frauen sind blind. Wir sprachen mit ihnen über ihre Möglichkeiten als Podcasterinnen und als blinde Frauen.
Wie ist die Idee zum Podcast Im BLINDPUNKT entstanden – und was war der Antrieb, dieses Projekt zu starten?
Edith Sidler: Wir beide haben den Prozess vom Sehen, schlecht Sehen und blind sein erlebt. In dieser Zeit haben wir gemerkt, dass wir uns oft alleine gefühlt haben. Unser Podcast soll Betroffenen aber auch der Gesellschaft Unterstützung bieten und Mut machen. Jacqueline Egger: Ein Podcast bietet die Möglichkeit, sich über ein Thema zu informieren, Fragen zu klären und sich nicht alleine zu fühlen, weil es andern gleich geht. Es ist aber nicht eine Selbsthilfegruppe, wo man seine Geschichte preisgeben muss. Es ist anonym.
Was sind Ihre wichtigsten Ziele mit dem Podcast – was möchten Sie bei den Hörerinnen und Hörern auslösen?
Jacqueline Egger: Für uns ist im Zentrum, dass es Spass macht, uns zu hören und es einem die Möglichkeit gibt, etwas über das Leben ohne die visuellen Eindrücke zu erfahren. Wie wir die Welt wahrnehmen, welche Herausforderungen es gibt und wie lebensfroh, interessiert und mutig man trotz allem sein kann.
Wer bestimmt die Themen und die Reihenfolge der Themen?
Edith Sidler: Wir haben eine rollende Vorgehensweise. Wir nehmen die Themen aktuell aus unserem Leben auf. Es sind oft Erlebnisse oder Themen, die uns beschäftigen.
Wie bereitet ihr euch auf eine Folge vor?
Jacqueline Egger: Unsere Vorbereitungen sind sehr minimal. Wir legen vorgängig das Thema fest. Jeder von uns macht sich Gedanken darüber was er sagen und fragen will. Dies tauschen wir kurz aus und dann gehts los. Wir beide kennen uns nicht sehr gut. Deshalb sind die Fragen, die wir uns im Podcast stellen echt. Unsere Lebenssituationen sind sehr unterschiedlich. Es interessiert uns beide sehr, mehr voneinander zu erfahren und voneinander zu lernen.
Wie reagiert Ihr Publikum?
Edith Sidler: Die Rückmeldungen unserer Hörerschaft sind sehr positiv. Es gibt ihnen die Möglichkeit, in unsere Welt einzutauchen, gewisse Dinge «anders zu sehen». Uns gibt es die Möglichkeit, Verständnis zu schaffen. Gab es eine Folge oder ein Gespräch, das Sie besonders berührt oder überrascht hat? Jacqueline Egger: Viele unserer engsten Freunde sagen: «Ach – an das habe ich im Umgang mit dir nie gedacht und durch den Podcast neu erfahren.» Es freut uns, auch engen Menschen von uns Dinge aufzuzeigen, welche für uns wichtig sind – oder es geworden sind.
Was wünschen Sie sich für dieZukunft von ImBLINDPUNKT?
Edith Sidler: Wir hoffen fest, noch viel mehr Hörerinnen und Hörer zu gewinnen beziehungsweise Menschen die Betroffen sind, unterstützen zu können und die Gesellschaft zu sensibilisieren.
Welche Vorurteile oder falsche Annahmen begegnen Ihnen besonders häufig – und wie gehen Sie damit um?
Jacqueline Egger: Es ist wichtig zu sagen, dass wir auf Grund unserer Blindheit sehr kreativ sind: schnell reagieren, schnelle Entscheidungen treffen, Ideen und Lösungen finden, um unsere Herausforderungen zu meistern. Das macht uns zu aktiven, spannenden, lösungsorientierten Menschen.
Was wünschen Sie sich von sehenden Menschen im Umgang mit blinden oder sehbehinderten Personen?
Jacqueline Egger: Wir können nur durch Kommunikation mit der Gesellschaft in Kontakt treten. Wir freuen uns, wenn Menschen auf uns zu kommen, uns ansprechen – ansonsten haben wir nicht die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Gab es für Sie eine Schlüsselerfahrung, die Ihnen gezeigt hat, was trotz oder gerade wegen Ihrer Blindheit möglich ist?
Edith Sidler: Nicht eine Schlüsselerfahrung – sondern die Erfahrung! Das Leben als blinde Frauen mit einem starken Willen, aus der Situation das Beste zu machen ermöglicht es uns, am Leben teilzuhaben, viel Neues zu entdecken und das Leben zu geniessen!
Uwe Güntern
Zu den Personen
Edith Sidler ist Familienfrau, engagiert sich politisch und in Vereinen und lebt gemeinsam mit ihrer Familie in Hagendorn. Die Luzernerin Jacqueline Egger arbeitete 20 Jahre als blinde Sozialarbeiterin, reist viel und geniesst es, die Natur auf ihre Weise zu erkunden. Beiden ist es ein grosses Anliegen zu sensibilisieren, Berührungsängste abzubauen und eine Unterstützung für Betroffene, deren Angehörige und die gesamte Bevölkerung zu sein. Es lohnt sich, in den Podcast Im BLINDPUNKT hineinzuhören. Er erscheint immer am 15. des Monates überall, wo es Podcasts gibt. www.imblindpunkt.ch
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