Ausbildung
Attraktivität der Pflegeberufe nimmt weiter zu
Aktuell arbeitet Andreas Kalt aushilfsweise als Gemeindeschreiber in Rotkreuz. Foto: RC
Andreas Kalt ist Interimsmanager. Er bietet Gemeindeverwaltungen seine Hilfe an, wenn zum Beispiel die Gemeindeschreiber-Stelle verwaist ist oder nicht sofort besetzt werden kann. Aktuell arbeitet er auf der Gemeinde Risch.
Was für einen Berufswunsch hatten Sie als Kind?
Ich wollte Helikopterpilot werden. Auf jeden Fall einen Beruf, der mit Fliegen zu tun hat.
Ganz so hoch hinaus ging es nicht. Sie haben Hochbauzeichner und Zimmermann gelernt. Was hat Sie an den handwerklichen Berufen fasziniert?
Etwas gestalten und in die Hände kriegen, formen, am Abend sehen, was man an diesem Tag erschaffen hat – das hat mir gefallen. Im Nachbardorf gab es eine Zimmerei. Ich ging schnuppern, dann habe ich die Lehre gemacht und habe diesen Beruf ergriffen. Es war eigentlich eine eher zufällige Wahl, die für mich aber gestimmt hat.
Vom Hausdach ins Büro. Wann haben Sie beschlossen, dass Sie eigentlich lieber in Gemeindeverwaltungen arbeiten würden?
Ich habe auf dem zweiten Bildungsweg die Matura nachgeholt, anschliessend Soziologie und Geschichte studiert. Gleichzeitig habe ich mit Interesse verfolgt, wie in den Gemeinden das Geschäftsleitungsmodell eingeführt wurde. Ich wollte dann Teil dieses Prozesses sein, habe mich auf eine Stelle beworben – und wurde eingestellt. Dabei geholfen hat mir wahrscheinlich, dass ich gerade ein Master of Advances Studies in Nonprofit and Public Management absolviert habe.
Sie haben inzwischen andere Weiterbildungen an Hochschulen abgeschlossen, haben jetzt eine eigene Firma und bieten Interimsmanagement an. Erklären Sie uns, was sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt.
Wenn in einer Gemeindeverwaltung eine Vakanz besteht, dann springe ich ein und überbrücke diese Leerstelle, bis sie wieder besetzt werden kann.
Sie amten aushilfsweise als Gemeindeschreiber, aktuell in der Gemeinde Risch-Rotkreuz, oder als Leiter Hoch- und Tiefbau wie zum Beispiel in Hausen am Albis. Wie bereiten Sie sich jeweils auf eine Tätigkeit in einer neuen Gemeinde vor?
Ich frage zuerst. Welche Erwartungen werden an mich gestellt? Was muss ich erfüllen? Was kann warten, bis der Gemeindeschreiber oder die Gemeindeschreiberin wieder da und die Stelle wieder besetzt ist? Dann lege ich los. Vielfach ist man in den Gemeinden froh, dass mit mir wieder eine Ansprechperson vor Ort ist. Denn wenn in kleinen Gemeinden mit wenig Personal plötzlich Stellenprozente nicht besetzt sind, fällt so eine Vakanz viel mehr ins Gewicht als in grossen Verwaltungen.
Sie waren ad interim schon in elf Gemeinden tätig. In den Kantonen Aargau, Luzern und Zürich. Im Kanton Zug neben Risch auch in Steinhausen. Warum können Sie das? Ist nicht jede Gemeinde anders ausgerichtet?
Doch, natürlich. Aber das ist mir bewusst, ich gehe einerseits gut vorbereitet, aber auch vorsichtig an eine neue Anstellung heran. Anderseits traue ich mir diese Herausforderung zu. Die Grundarbeit der Gemeindeschreiberei ist auch eine Frage der Routine. Die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, die Vorbereitungen für Sitzungen oder Gemeindeversammlungen, der Ablauf an Wahlsonntagen – das ist in vielen Gemeinden ähnlich aufgebaut. Dazu kommt, dass ich ja nicht allein bin, sondern viele Angestellte hier arbeiten, die das gut machen und wissen, um was es geht.
Sie bieten weiter Schulungen für Konfliktsituationen und Vorbereitungen für Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnengespräche an. An wen richtet sich dieses Angebot primär?
Auch an Gemeinden. Aber ich muss zugeben, dass mir für diesen Geschäftszweig aktuell die Zeit fehlt, da ich mit der Gemeindeschreiberei ausgelastet bin. Da ich aber gleichzeitig in immer mehr Gemeinden praktische Erfahrungen sammeln kann, glaube ich fest daran, dass ich dieses Angebot aufrechterhalte, da ich viel aus der Praxis vermitteln kann.
Auf Ihrer Homepage sagen Sie auch: Auf Wunsch bin ich gern unbequem. Mit all Ihren Tätigkeiten sehen Sie tief in die Gemeindestrukturen hinein. Was machen die Schweizer Gemeinden gut? Wo gibt es Verbesserungspotential?
Auf diese Fragen gibt es keine einheitliche Antwort. Es gibt so viele Lösungsansätze wie es Gemeinden gibt. Ich finde, die Gemeinden machen es grundsätzlich gut. Dies, weil sie auf verlässliche Mitarbeitende zählen können, das gleiche gilt für die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte. Aber die Kommunen müssen bereit sein, sich immerzu neuen Herausforderungen zu stellen. Das Umfeld wird anspruchsvoller. Einerseits steigen die Ansprüche der Kundschaft und die gesetzlichen Vorgaben. Andererseits kosten Dienstleistungen Geld und viele Gemeinden sind finanziell nicht auf Rosen gebettet.
Wie fällt die Beurteilung aus für die zwei Zuger Gemeinden, in denen Sie tätig sind und waren?
Ich sehe die Unterschiede weniger in den Kantonen als in der bereits angesprochenen Grösse der Gemeinden. Risch-Rotkreuz wie Steinhausen haben einen sehr hohen Organisationsgrad mit professioneller Belegschaft. In vielen kleineren Gemeinden sind die Herausforderungen an mich grösser, weil das Fehlen einer Stammkraft viel mehr ins Gewicht fällt. Vielfach ist in solch kleinen Gemeinden die vorhandene Infrastruktur weniger gut ausgebaut.
Früher hiess es: Beamter auf Lebenszeit. Verkörpern Sie das neue Berufsbild im Sinn von «Miete einen Beamten»?
Ich denke schon. Das hat aber auch mit mir selbst zu tun. Ich bin ein Mensch, der diese kurzfristigen Einsätze sucht und gerne hat. Das bringt aber mit sich, dass ich Projekte auch nur kurz begleiten kann. Langfristige Projekte, zum Beispiel solche im Bauwesen, kann ich nicht verwirklichen. Ich komme, setze den Hebel an wo nötig. Dann gehe ich wieder. Jemand anders übernimmt. Dieser Wandel im Berufsbild sieht man nicht nur bei Gemeindeverwaltungen, es entspricht dem Zeitgeist. Wenn heute jemand eine neue Stelle antritt, wird er oder sie nicht mehr 45 Jahre in dieser Firma bleiben. Aber so, wie ich meine Arbeit anbiete, treibe ich es vielleicht schon ein wenig auf die Spitze. Beamte sind inzwischen übrigens alle «normale» Angestellte. Das typisch schweizerische Nötzli-Image sucht man in Verwaltungen vergebens.
Aktuell arbeiten Sie noch in Risch-Rotkreuz. Wissen Sie schon, was Sie nachher machen?
Ich bin auch noch in einer anderen Gemeinde im Kanton Aargau tätig. Deshalb geht mir die Arbeit nicht aus. Wo es nachher weitergeht, weiss ich noch nicht. Aber ich habe bereits einige Anfragen. Mein Berufsmodell funktioniert.
Renato Cecchet
Zur Person
Andreas Kalt stammt aus dem Kanton Aargau und wohnt im Kanton Luzern. Der 52-Jährige ist Teil einer eigenen Firma, welche Dienstleistungen auf der Kanzlei, Kommunikation, Finanzen, Steuern und Bau anbietet. Andreas Kalt ist verheiratet und Vater dreier Töchter. Er ist gerne in den Bergen unterwegs – zu Fuss und auf dem Velo.
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